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Die schwere Entscheidung
„Ich kann mich nicht entscheiden", maulte er.
„Wir sind jetzt in einer entscheidenden Phase; du musst dich entscheiden", drängte sie.
Er: „Und wenn es dann ein Fehler ist?"
Sie: „Es ist doch bis jetzt gut gelaufen!"
„Wer sagt mir, dass es weiter so gut geht?", brummte er kopfschüttelnd.
„Wer sagt denn, dass es nicht so gut weitergeht!?", meinte sie mit flehendem Blick.
Er: „Aber es ist doch ein Risiko – oder nicht?"
Sie: „Bitte riskier es doch; es ist die Sache wert!"
„Aber ich weiß nicht, wie es ausgeht!" - er vergrub den Kopf in seine Hände.
Sie war dem Weinen nahe. „Aber wir sollten doch beenden, was wir begonnen haben!"
„Jetzt liegt alles wieder an mir!"
„Ja, aber ohne dich läuft es nicht!" Ein tiefer Seufzer entrang sich ihrer Brust.
„Komm, gib dir einen Ruck – mach mich glücklich!" stieß sie ihn an.
„Ich würde dich gerne glücklich machen; aber bin ich es dann auch?", zweifelte er.
„Warum lässt du es nicht darauf ankommen? Den nächsten Schritt mache ich!"
Er:„Das ist doch genau, was ich fürchte! Du könntest mich überfordern!"
Sie: „Nimm es doch spielerisch. Du musst nicht alles so ernst nehmen."
„Das sagst du so leicht, weil ich die Entscheidung treffen muss!", brach es aus ihm heraus.
„Dafür treffe ich die nächste Entscheidung, ganz schnell!" versprach sie.
„Das sieht dir wieder ähnlich. Du handelst unbedacht und bringst mich in Schwierigkeiten! Ich habe dann wieder die Probleme."
„Ein Vorschlag: Losen wir es aus: Stein Schere Papier!"
„Na gut, um des lieben Friedens willen."
„Ha – Du hast verloren – Du bist am Zug." jubilierte sie.
„Das war ich vorher auch schon", brummte er, „na gut, dann Schach dem König!" Er zog den Bauern nach vorne.
März 2014
Die Puppe
Ich mag sie nicht – nein! – sie ist mir geradezu unheimlich – wie sie so provozierend da sitzt – und diese Augen – Glubschaugen – und dieser Mund – viel zu dicke Lippen – wie angeschwollen – grellrot – schaut furchtbar aus – Gesicht wie ein Clown angemalt – nur – – Clowns sind freundlich – sie lächelt zwar aber es ist mehr eine Grimasse – hässliche Grimasse – ich ignoriere sie einfach – ja ich ignoriere sie – ich setz mich auf die andere Seite der Bank und tue so als wäre sie nicht da – – – starrt sie mich immer noch an? Ob ich wohl hinsehen sollte? – Nein – ich bleibe standhaft und tue so als wäre sie nicht da – soll sie mich doch anstarren – angrinsen – sie starrt mich sicher noch an – ich riskiere einen Seitenblick – na klar – sie starrt mich nach wie vor höhnisch grinsend an – was will sie nur? – Ich spreche sie einfach an – he du – was starrst du mich so an – aha – jetzt versuchst du mich zu ignorieren – die Idee hatte ich schon vor dir – du bist so hässlich weißt du das? – Gut; da kannst du vermutlich nichts dafür – aber besser schminken hättest du dich schon können – jetzt sag doch mal was – na gut. Zuerst hab ich dich ignoriert, jetzt ignorierst du mich – das verstehe ich ja – übrigens ich heiße Heinz – – – sie sitzt da und starrt mich an mit einer lächelnden Fratze, die zum Fürchten ist – aber egal – ich fürchte mich nicht – im Gegenteil – ich rücke jetzt näher - will doch sehen was du dann machst – können wir uns nicht unterhalten? – Es ist doch außer uns niemand hier – wäre doch blöd dazu sitzen und nicht miteinander zu reden – sie reagiert nicht – grinst nur seltsam – möglicherweise habe ich dich beleidigt; aber das wollte ich nicht – ich fühle mich nur so unwohl – so beobachtet – eigentlich hast du ja schöne Augen – große Augen – sehr große Augen – und auch über den zu großen Mund könnte man hinwegsehen – es ist ja nicht so dass ich hier große Auswahl hätte – ich bin so allein – kannst du das verstehen – kannst du mir verzeihen? – Egal ich nehme sie jetzt und drückte sie an mich – – – „Wird ja auch Zeit, dass du endlich merkst, was los ist" – – – „Na also, du sprichst ja doch mit mir" – – – „Warum sollte ich nicht mit dir sprechen; es ist ja sonst niemand hier" – – – „Genau das habe ich mir auch gesagt" – – – „Und was machen wir jetzt?" – – – „Ja, was hast du denn bisher gemacht? – – – „O, ich habe Leute unterhalten!" – – – „Wirklich? Leute unterhalten? Wie hast du das gemacht?" – – – „Ich habe ihnen von meinem Freund erzählt" – – – „Du hast einen Freund?" – – – „Jetzt nicht mehr – jetzt bist du mein Freund!" – – – „Ich bin dein Freund?" – – – „Mein bester Freund!" – – – „Das macht mich glücklich – ich hatte noch nie einen Freund!"
Vor dem verspiegelten Fenster stehen drei weiß gekleidete Herren und beglückwünschen einander: „Das war die beste Idee. Herr Professor, ich glaube, so können wir es schaffen." „Ja, er hat die Bauchrednerpuppe angenommen, jetzt kann er seine Schizophrenie ausleben."
Nachsatz:
Heinz und seine Puppe wurden ein berühmtes Gespann. Sie waren auf allen Varietébühnen der Welt unterwegs. Niemand wusste von ihrem kleinen Geheimnis.