In nachstehendem Bericht informiert uns Doris Pikal über ihre Erlebnisse beim Projekt „Quer durchs Land“:
Sehen lernen
Jedes Mal, wenn ich mit Walter unterwegs bin, staune ich, was er alles fotografiert. Sehen musste ich wieder lernen, sehen wie ein kleines Kind; unter tausenden Blumen eine finden, die für mich einzigartig ist.
Beim ersten Ausflug hierher konnte ich sogar Möwen beobachten, die über mir durch die Luft segelten.
Heute war die Luft heiß und meine Fußsohlen brannten vom Herumlaufen. An einer pflanzenfreien Stelle des Kanals zog ich meine Schuhe aus und stieg ins Nass. Der Grund war nicht bewachsen. Das Wasser war glasklar. Jeden Stein konnte man sehen. Es waren die Algen, die den Fluss manches Mal so trübe aussehen ließ.
Als wir weitergingen, deutete mir Walter an, leise zu sein. Er hatte etwas gesehen. „Da im Schilf, da ist etwas“, raunte er mir zu.
Ich strengte meine Augen an, konnte aber nichts entdecken. Ab und zu bewegte sich ein Schilfrohr, doch das konnte auch von der Strömung herrühren. Dann hatte auch ich das Gefühl, dass sich hinter den Halmen etwas bewegt hatte. Plötzlich kam ein schwarzer Vogel aus dem Dickicht zum Vorschein. Sein Gefieder war fast ganz schwarz, nur am Stoß hatte er weiße Federn. Er war kaum größer als eine Taube, hatte eine gelbe Schnabelspitze und darüber eine rote Platte, die sich bis zur Stirne hochzog. Er paddelte er am Ufer entlang, zupfte einen dürren Halm aus einem Grasbüschel und schwamm zurück. Dann verschwand er wieder im Schilf, doch konnte ich sehen, dass er aus dem Wasser gestiegen und ein paar Schritte die Böschung hochgegangen war. Er war dabei, ein Nest zu bauen. Wir beobachteten ihn eine Weile. Während Walter fotografierte, machte ich mir Notizen.
Immer wieder war ich überwältigt von den wunderbaren Bildern und Eindrücken.